Aus FiFs* Busy Life: Frauen wollen alles.

Wenn FiF Kinder hat, kleine, vielleicht sogar mehrere, werden ihr Diplom in Betriebsorganisation, ihr Abschluss in Prozessentwicklung, ihre Analyse von Delegationsmodellen gerne vergessen. Ohne ständig verfügbare Mama kann es nicht gut gehen. Ab sofort muss FiF sich die bewundernde/anteilnehmende/schwarzseherische/missbilligende Frage gefallen lassen „Wie schaffen Sie es, Karriere und Familie zu vereinen?“

 

Ist FiF sogar eine Über-FiF, wie Carme Chacón i Piqueras, seit April spanische Verteidigungsministerin und im siebenten Monat schwanger, dann kann sie sich auf einen wahren Kugelhagel öffentlicher Besorgnis gefasst machen. Wird sie ihr Kind stillen oder muss das arme Wurm mit industrieller Babykost zufrieden sein? Ist ein unaufholbarer Entwicklungsschaden zu befürchten, weil Mama FiF auf Staatsbesuch ist, statt Baby täglich eigenhändig in die Krippe zu verfrachten? Lässt sich die Manifestation von Legasthenie, Autismus oder Akne noch abfangen, obwohl Frau Chacón eine dringliche Anfrage im Parlament beantwortet?

 

Wäre Frau Chacón Kassierin beim Billa um die Ecke, dürfte sie gerne auch ausgiebig Überstunden machen, ohne die öffentliche Ruhe nennenswert in Gefahr zu bringen. Im Gegenteil: unsere Anerkennung wäre ihr sicher und die Schulhefte kontrollieren kann sie ja auch am Wochenende.

 

Hieße der spanische Verteidigungsminister mit Vornamen Jaime oder Alejandro, stünde die Anzahl seiner Kinder nicht in der ersten sondern in der letzten Zeile seiner amtlichen Biografie. Wann wurde jemals ein fleissig dienstreisender/firmenmässig unabkömmlicher/an seinem beruflichen Aufstieg arbeitender MiF dafür verantwortlich gemacht, dass sein Kind ein Schreibaby ist oder Neurodermitis hat? Gibt die Angetraute auf, weil sie so ein Leben nicht erträgt, springt eine neue Carla kurzfristig ein; man hat es nicht anders erwartet. Den zum vierten Mal verheirateten Ex-Außenminister eines Nachbarlandes hält man für einen tollen Hecht, ebenso wie seinen ehemaligen Bundeskanzler, auch er ein geübter Bräutigam. Wie-schaffen-Sie-es-Karriere-und-Familie-zu-vereinen müssen sie sich nie fragen lassen.

 

Hat FiF zwar keine Kinder aber einen Mann, dann gilt das Mitgefühl ihm. Wie verkraftet er FiFs mediale Awareness? Wird er alkoholkrank, weil FiF ihm morgens weder Hemd noch Socken rauslegt? Wahrscheinlich geht er fremd, weil seine eiskalte Gattin am Wochenende in Lohnverhandlungen festsitzt.

 

Als der deutsche Vizekanzler Franz Müntefering voriges Jahr seinen Job schmiss, um seiner kranken Frau beizustehen, hielten das manche für ein zu großes Opfer. Und wenn es umgekehrt gewesen wäre?

 

* Die Abkürzung FiF im Kolumnentitel steht für 'Frau in Führungsfunktion'

 

Erschienen in der Zeitschrift 'Karrieren & Konzepte' 2/2008 (Kundenzeitschrift von Eblinger & Partner www.eblinger.at)