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Susanne Krejsa MacManus' Fingerübungen

1/2018: Als A. T. mich für ein leichtes Mädchen hielt.

Ich hatte mir einen richtig guten Namen für meinen Account auf Skype ausgedacht und ein passendes Porträtfoto dazugestellt. Der Name Timna war eine Reverenz an meine Katze, die schon lange aus dem Katzenhimmel auf mich herunterschaut, meine kleine Prinzessin.

Eines Tages wollte ich dringend mit A. T., einem wichtigen Interviewpartner, in Kontakt kommen, konnte aber absolut keine email-Adresse von ihm finden. Google liess mich regelmässig im Stich. „Ha!“, dachte ich triumphierend, als ich ihn auf Skype entdeckte, und war stolz auf mein detektivisches Geschick. Sofort skypte ich ihn an.

Keine Reaktion. Wieder versuchte ich es. Und wieder wieder wieder. Ich gebe nicht leicht auf. Endlich nahm A. T. meine Kontaktanfrage an, es kam sogar tatsächlich zu einem persönlichen Treffen, als er einmal in Wien war. Beim Abschied verriet er mir, warum er auf meine Kontaktversuche so lange nicht geantwortet hatte: Unter dem Namen ‚prinzessintimna‘ mit Katzenbild hatte er keine seriöse Journalistin vermutet sondern eine Dame mit zweifelhaften Absichten!
Boing! Eigentor! Leider kann ich meinen Ausflug in den Hochadel nicht rückgängig machen, denn Porträtfotos lassen sich zwar nachträglich verändern, Skype-Namen aber nicht.

Königreich Shiloh
Shiloh
Wappen von Sealand, commons.wikimedia.org

Bloß gut, dass meine Katze nicht Samantha oder Joan hiess und ich als Skype-Namen prinzessinsamantha oder prinzessinjoan ausgesucht habe. Dann hätte ich wahrscheinlich endgültig meinen Ruf als ernstzunehmende Person eingebüßt. Samantha heisst nämlich die Prinzessin des Königreiches Shiloh, einer Mikronation in Kalifornien, das ehemalige Model Joan Collins regierte als Prinzessin Joan über das Fürstentum Sealand, eine frühere militärische Plattform und spätere Mikronation knapp vor der britischen Küste. 

http://www.vienna-tourist.com/kugelmugel/

Was eine Mikronation ist, musste ich auf Wikipedia erst einmal nachlesen: Ein Gebilde, das wie ein eigenständiger souveräner Staat auftritt und sich staatliche Autorität anmaßt, ohne einer zu sein. Entsprechend werden sie von ‚richtigen’ Staaten oder Institutionen nicht anerkannt oder einfach ignoriert. Man nennt sie auch Fantasiestaaten oder Scheinstaaten. Wikipedia listet 38 aktuelle oder historische Mikronationen auf, beispielsweise die Republik Flaschenhals (1919-1923), das erwähnte 550 Quadratmeter große Fürstentum Sealand oder die noch kleinere Republik Kugelmugel im Wiener Prater.

Demokratische Nation Popullex
Bundesrepublik Kasimovia
Parsley Republic
Republic of TwoChairs
Republica Banana
Fürstentum Sealand

Der spanische Fahnenhersteller AllTheFlags hat sogar 58 Flaggen von Mikronationen im Programm, wohlfeil um 22 Dollar das Stück.

Nicht so imposant wie die von Shiloh und weniger langweilig als die von Sealand ist beispielsweise die von Popullex (Pinguin auf weiß-gelb-grauem Grund), Kasimovia (Wolf auf weissem Feld) und die der Petersilienrepublik, über die mir nichts Näheres bekannt ist. Gerne mag ich auch das 2007 in Wales gegründete Kingdom of TwoChairs, dessen Symbole nicht schwer zu erraten sind. Und schließlich gibt es auch eine Bananenrepublik, womit ausnahmsweise nicht Österreich gemeint ist. 

www.tripadvisor.co.za

Eine Mikronation habe ich selbst schon besucht, nämlich das Fürstentum Potinha, auf 178 Quadratmetern Felsen im Hafen von Funchal auf Madeira. Dieses ehemalige Forte de São José war in früheren Zeiten eine Festung der Tempelritter. Regiert wird es seit dem Jahr 2000 von Prinz Dom Renato Barros I, den Antiroyalisten einfach als Herrn Renato Barros, ehemaliger Zeichenlehrer, ansehen. Dom Renato ist glücklicherweise Pazifist, weshalb er die Hoheitsrechte von Madeira nicht in Frage stellt. Weder erhebt er Anspruch auf die 200-Meilen-Zone, die sich naturgemäß mit der von Madeira überschneidet, noch verlangt er Hafengebühren von den Kreuzfahrtschiffen. Die Europäische Union hat sein Gesuch um Anerkennung als eigenständiger Staat abgelehnt.

Foto: www.packthesuitcases.com/funchal-madeira-travel-guide/

Der Felsen zählt zu den Sehenswürdigkeiten von Funchal. Man kann stundenlang dort oben sitzen und den Wogen zuschauen, die der Atlantik von Afrika herüber rollen läßt.

Dabei muss man sich nicht einsam fühlen: Der Felsen ist von einer Vielzahl von Katzen bevölkert, die den BesucherInnen Gesellschaft leisten. Ob eine Prinzessin darunter ist, weiß ich noch nicht. Ich muss wieder hingehen.

Meine bisherigen 'Fingerübungen' und Newsletter können hier nachgelesen werden. Ich freue mich, wenn sie weiterverbreitet werden!

Meine Fingerübungen kommen hin und wieder, wenn ich etwas zu erzählen habe.
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