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Susanne Krejsa MacManus' Fingerübungen

4/2014: Zu Besuch bei Nachbars

Heute lobe ich: Die Bezirksverwaltung der Wieden. Die Wieden ist der 4. Wiener Gemeindebezirk. 1,8 km2 Fläche, 17.000 Einwohner, Postleitzahl 1040. Acht Konsulate, 21 Botschaften, von 'A' wie Albanien bis 'V' wie Vatikan.

Apostolische Nuntiatur in Österreich, Theresianumgasse 31, 1040 Wien. Über dem Balkon das päpstliche und das kaiserliche Wappen. (Für Quelle klicken)

Eines Tages liegt ein kopierter Zettel in unserem Postfach: Weil man einander besser kennen lernen will, hat die Bezirksverwaltung mit den Botschaften auf der Wieden Nachbarschaftsbesuche vereinbart. Anmelden, hingehen, Ausweis mitbringen. Wir entscheiden uns für Frankreich und den Vatikan. Frankreich ist leider schon ausgebucht, Vatikan macht vielleicht einen zweiten Termin. Wir kommen auf die Warteliste.

Anfang April ist es so weit. Zweimal rechts abgebogen, dreimal links, über die Ampel und wir stehen vor der vatikanischen Residenz, 1913 im Stil der italienischen Renaissance errichtet. Ein Livrierter hakt unsere Namen auf der Liste ab; wir gesellen uns zum Grüppchen im Hausflur. „Wir warten noch ein bisschen,“ erklärt uns ein älterer Herr im Pfarrerzivil, „denn es sind noch nicht alle da.“ Dann führt man uns in die Kapelle, wo wir Platz nehmen sollen/dürfen/müssen. Ich krieg den Hocker vom Harmonium.

Dr. Peter Zurbriggen, geb. 1943 in Brig/Schweiz (Für Quelle klicken)

Der rundliche Herr im Pfarrerzivil entpuppt sich als Dr. Peter Zurbriggen, seit 2009 Apostolischer Nuntius in Österreich, als solcher auch Doyen des Diplomatischen Corps, korrekte Anrede ‚Hochwürdigste Exzellenz’. Wir müssen weder knien noch beichten noch singen, was uns sehr erleichtert, denn weder Toby noch ich stehen dem katholischen Gott nahe. Stattdessen bekommen wir eine muntere Einführung in Geschichte und Aufgabe der Nuntiatur - bereits seit 1529 die Vertretung des Papstes in Österreich. Der Nuntius ist ein beredsamer, volksnaher Mann, der interessant und zugleich amüsant plaudert.

Im Innenhof eine Sandsteinstatue des Guten Hirten aus dem Lukas-Evangelium, um 1700. (Für Quelle klicken)

Nach der Einleitung werden wir durch die ganze Residenz geführt. Vorneweg der Nuntius, der wie ein stolzer Vater jedes Bild und jedes Möbel erklärt, hintennach der Nuntiaturrat, Prälat Gabor Pinter, ebenso rundlich und ebenso freundlich und auch er hat seine Soutane im Schrank gelassen. Wir erfahren und sehen Großes und Kleines: An welchen der vier Papstbesuche welches Gemälde erinnert, wer welche Statue gespendet hat, woher die alten Kirchenfenster stammen, dass es zu wenig Stauraum gibt, wer die Blumen gießt und wie mühsam der Dachboden entrümpelt wurde. Wir sehen die kleine Schachtel in der Sakristei, in der Zwirnspulen und Sicherheitsnadeln für eventuelle Notsituationen bereit liegen, und auch den blühenden Innenhof, dessen zwitschernde Vögel den Nuntius morgens um vier aus dem Schlaf holen.

1938 wurde der damalige Nuntius (Gaetano Cicognani) des Landes verwiesen; die Räume beschlagnahmt und vom Amt für Gewässerkunde genutzt. 1945 schlugen russische Soldaten im Parterre ihr Quartier auf. (Für Quelle klicken)

Im Anschluss an den Rundgang gibt’s Getränke und Kuchen. „Bitte nehmt noch,“ sagt der Hausherr, „damit wir nicht den Rest der Woche alles aufessen müssen.“ Der Rotwein ist ausgezeichnet, die Stimmung gut, unser Gastgeber unterhält uns mit kurzweiligen Erzählungen aus seinen früheren Einsatzorten in aller Welt. Zum Abschied - „Vergeßt bloß nicht, Euch unten in unser Gästebuch einzutragen“ – bekommt jeder ein Buch geschenkt: ‚Die Apostolische Nuntiatur in Wien’, 2008. Er habe einen ganzen Stapel davon am Dachboden gefunden, sagt der Nuntius, und bevor sie dort nass oder staubig würden wäre es doch viel besser, sie an die Nachbarn zu verteilen.

Wir haben den Nuntius inzwischen richtig lieb gewonnen, weil er uns so unprätentiös und offen über sein Leben und seine Aufgaben erzählt hat. Es wäre nett, ihn bei Gelegenheit wieder zu treffen. Darf man einen Nuntius eigentlich zu sich nach Hause einladen? Vielleicht frag ich mal in unserer Bezirksverwaltung nach.

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