Selten hat der Titel "Fingerübungen" meines Blogs mehr Sinn gemacht als diesmal: Nicht nur Schreiben ist eine Fingerübung, auch Stricken.
Wikipedia erklärt uns, was es ist: Das Herstellen textiler Maschengebilde aus Garnen durch Fadenumschlingung, wobei die Maschen einer Reihe nacheinander gebildet werden.
So schreibe ich also heute über Stricken. Nein, es geht weder um die Protestmassnahme von SchülerInnen und Studierenden in den 1970ern, als während Vorlesungen gestrickt wurde, noch um ein vorwiegend weibliches Hobby, nicht um eine klimaschonende Entspannungstechnik und auch nicht um die Lockdown-verursachte New Culture "Stricken & Brotbacken".
Es geht um Wissensvermittlung mit den Mitteln der Kunst: Dr. Katharina Sabernig strickt (und häkelt) seit 2015 menschliche Anatomie.
Als Ärztin weiß sie, wovon sie spricht: „Das eigene Körperinnere ist eine Sphäre, zu der man selbst keinen direkten sensorischen Zugang hat, trotz des unmittelbaren subjektiven Empfindens“. Mit anderen Worten: Unbekanntland.
Wenn sie und ihre KollegInnen mit PatientInnen über den Körper sprechen, prallen daher unterschiedliche, ja gegensätzliche Vorstellungs- und Wissenswelten aneinander: Objektiv versus subjektiv. Unpersönlich versus vertraut. Wissend versus irrationalen Vorstellungen ausgeliefert. Kompetent versus ängstlich.