Aus einem Strafprozessakt

Manchmal sind Archivrecherchen schwer auszuhalten, weil die Schicksale sehr berühren und die Ungerechtigkeit mit Händen zu greifen ist. Hier ein Beispiel aus den 1950ern, unlängst gefunden in einem Wiener Archiv:

 

Die Frau bezieht nur eine kleine Witwenrente und hat bereits 2 Kinder. Weil sie kein drittes ernähren kann, entschliesst sie sich zu einer Abtreibung und wird angezeigt.
Da sie aber seit der Tat ein weiteres Kind geboren hat und schon wieder schwanger ist, kann das Gericht einen 'Gesinnungswandel' und eine 'Besserung ihrer Moral' erkennen und die Kerkerstrafe (!) auf Bewährung aussprechen.

 

Dazu muss man auch wissen, dass es zu diesem Zeitpunkt noch keine sicheren Verhütungsmittel gab. Die 'Pille' kam erst 1962 auf den Markt und war überhaupt erst seit ca. 1965 leicht zu bekommen. Zuvor entschied der Arzt, ob er sie eine Frau verschrieb. Dazu musste sie verheiratet sein und mindestens schon 2 Kinder haben, besser sogar 3.