Genealogische Basics: Historische Volkszählungen

Aus vielen guten Gründen wollen Staaten die Anzahl ihrer Untertanen wissen. Zwei Beispiele dazu: Der Staat Lübeck sorgte sich im Jahre 1910, wie viele ehemalige Teilnehmer der vorangegangenen kriegerischen Auseinandersetzungen noch am Leben und zu versorgen wären. Ein andere wichtiger Gesichtspunkt, der in mehreren Staaten Anfang des 20. Jahrhunderts aufkam, war die Frage nach der Ernährungsweise der Kinder unter einem Jahr.

 

Im Prinzip sind Volkszählungen ideales Material für Forscher. Beispielshaft sei aus einer Bekanntmachung zitiert, die die Volkszählung von 1910 im Lübschen Staate betrifft:

 

„§ 4 Bei der Zählung soll für jede ortsanwesende Person der Name, die Stellung im Haushalt, das Geschlecht, der Familienstand, der Geburtstag und das Geburtsjahr, der Geburtsort und –bezirk, der Hauptberuf (Haupterwerb) und die Stellung im Hauptberuf, ob im aktiven Militärdienst befindlich, das Religionsbekenntnis, die Staatsangehörigkeit und für Arbeitnehmer, ob sie in Arbeit (in Stellung) sind und ob sie seit dem 1. Dezember 1909 außer Arbeit (außer Stellung) waren, ermittelt werden. Außerdem wird nach der Kinderzahl in stehenden Ehen und nach der Ernährungsweise der Kinder unter einem Jahr gefragt. Diese Fragen sind auch für alle die Personen zu beantworten, welche zur Zählungszeit aus der Haushaltung, der sie angehören, vorübergehend abwesend sind.“

 

Mit einem Wort: Eine Fundgrube! Das Problem ist aber, dass in den meisten Staaten die Erhebungsbögen pro Haushalt bzw. Person nicht oder nur fragmentarisch aufbewahrt wurden. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts mussten die Erhebungsbögen aus Datenschutzgründen unmittelbar nach der Auswertung vernichtet werden. Wenn man bei der Suche nach verschollenen Vorfahren außer dem Namen wenigstens die ungefähre Wohngegend weiß, kann es sich trotzdem lohnen, im jeweiligen Stadt- oder Landesarchiv die Volkszählungsunterlagen einzusehen. Ein paar hilfreiche Informationskrümel können dabei schon abfallen.

 

Ganz ergiebig wird es hingegen, wenn man für das 19. Jahrhundert oder früher sucht. Die älteste ‚moderne’ Volkszählung gab es 1665 in Kanada, die Mehrzahl der absolutistischen Staaten folgte im 18. Jahrhundert, beispielsweise fand die erste Volkszählung in Dänemark 1769 statt. Volkszählungsunterlagen sind mitunter reich an Angaben, die dem Forscher weiterhelfen können. Doch auch Zähler können sich irren oder verhören, daher sind nicht unbedingt alle Daten zutreffend.