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Susanne Krejsa MacManus' Fingerübungen

11/2018: Was wissen denn wir.

Quelle: http://www.singaporevr.com

Ich saß mit Freundinnen auf einem Hügel und lauschte einem klassischen Konzert. Die Bühne des Symphonieorchesters stand mitten im Botanischen Garten von Singapur. Während wir applaudierten, beugte sich eine meiner chinesischen Freundinnen zu mir und sagte: "Spielen sie nicht wunderschön? Habt Ihr zuhause in Österreich auch so etwas?" 

Quelle: www.blinker.de

Die Antwort blieb mir im Hals stecken. Ich japste nach Luft wie ein gestrandeter Goldfisch - geografisch korrekt vielleicht eher wie ein Koi. "Wir!" wollte ich rufen, "WIR sind es doch, die die klassische Musik erfunden haben. WIR haben die besten Orchester! Zu UNS kommen die Musikstudenten aus aller Welt. Wir, wir, wir!"

Aber wie könnte ich ihr mit wenigen Sätzen ein ganzes musikalisches Universum erläutern?

Es war klar, dass sie nichts über Österreich wusste. Genau wie wir nichts über Singapur wissen. Oder über Puerto Rico. Oder über die Philippinen, über Ohio, über Neufundland oder die Osterinseln. Wenn wir nicht zufällig Geografie-Freaks sind oder schon einmal eine ausgewanderte Kusine besucht haben, geht unser Wissen über entfernte Gegenden der Welt selten über ein paar Klischees hinaus.

Zum Glück geht es den anderen genauso. Besonders nett fand ich auf unserer jüngsten Japanreise die Assoziation von Tirol mit Schokolade: 1962 suchte der Firmengründer Matuso Seika einen Namen, der sein Produkt in Aussehen und Geschmack von amerikanischen Süßigkeiten unterscheiden sollte. Milch kommt bekanntlich von Alpen und Almen, daher suchte er auf einer Europakarte nach einem 'bergigen' Namen. Tirol klang für ihn genau richtig, daher gibt es in Japan Tirol Chocolate.

In diesem Fall kennen wir den Hintergrund der Namensgebung. Andere Fälle lassen uns über den Ursprung sinnieren:

Cafe Tyrol in Fukuoka/Japan
Bar Viena in Lissabon
Viena Bar in Lissabon
Wäscherei Vienna in Funchal/Madeira
Wäscherei Vienna in Funchal/Madeira
St. Helier/Jersey Island/GB
Osaka/Japan
Restaurant Mozart in Funchal/Madeira

Interkulturelle Klischees können entweder furchtbar peinlich werden oder zum Lachen reizen: Japanische und chinesische Freunde wollen uns gerne die Hand schütteln, weil sie darüber instruiert sind, dass wir das tun, während umgekehrt wir uns handlos vor ihnen verbeugen, weil wir ja über asiatische Gebräuche bestens informiert sind.

Meine Freundin Mae in Singapur bekam einmal ein Kleid von mir. Ich hatte es schön verpackt. Natürlich konnte sie es vor meinen Augen nicht auspacken, denn das wäre unhöflich gewesen. Ihre Mimik hätte mich ja vielleicht gekränkt. Es war aber etwas dazu zu erklären. Was also tun? Wir einigten uns schließlich darauf, dass sie das verpackte Geschenk zwar in Empfang nahm, ich es aber dann für sie auspackte.

Quelle: www.austriatourism.com

Was im Freundeskreis zum Lachen reizt oder bei neuen Bekanntschaften schnell das Eis bricht, kann im Tourismus schwierig werden. Daher hat beispielsweise die Österreichische Fremdenverkehrswerbung Hinweise für Hotelbetreiber erarbeitet.

Sicher ist es am besten, wenn beide Seiten über Unterschiede aufgeklärt werden. Der japanische Tourismusverband hat daher eindrückliche Broschüren für chinesische Gäste herausgebracht. Darauf zeigt eine Japanerin (im typischen Kimono) einer Chinesin (im typischen chinesischen Kleid Cheongsam), was man in Japan anders macht als in China:

Beispielsweise muss man in Japan immer links stehen - etwa auf der Rolltreppe -, damit man rechts vorbei kann, in China ist alles möglich. In ein japanisches Restaurant (in diesem Fall McDonald's) darf man kein eigenes Getränk mitbringen, In China schon. In SB-Restaurants muss man seine Reste selbst entsorgen, in China kann man sie stehen lassen.

Und das Wichtigste: In öffentlichen Verkehrsmitteln in Japan darf man n i c h t  telefonieren! In China schon.

Bitte können wir diese japanische Regel auch in Österreich übernehmen?

Meine bisherigen 'Fingerübungen' und Newsletter können hier nachgelesen werden. Ich freue mich, wenn sie weiterverbreitet werden!

Meine Fingerübungen kommen hin und wieder, wenn ich etwas zu erzählen habe.
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