Drei Wochen Schreibzeit auf Elba (2008)

„Ein Besuch auf der Insel Elba ist eine echte Lebenserfahrung“, schreibt die Tourismusvereinigung über die “Insel, die nie enttäuscht“ auf ihrer Website und offeriert eine Hotelvermittlung, Tourenvorschläge, Restauranttipps oder Informationen über Vergnügungsplätze.

 

Ich brauchte nichts davon für meinen Aufenthalt auf Elba.

Denn mein Ziel und meine Pläne waren andere: Ich durfte drei Wochen auf dem Landgut der Stiftung Dr. Robert und Lina Thyll-Dürr im äußersten Südosten Elbas verbringen. Drei Wochen nur zum Schreiben, Nachdenken, Diskutieren, zum Zuhören und Erzählen, zum Austausch mit anderen, die wie ich „an einer Sache dran“ waren. Ein ‚himmlisches’ Geschenk für eine Autorin, um ein Buchmanuskript wieder ins Laufen zu bringen, das an der Fülle von Rechercheergebnissen beinahe erstickt ist.

Auf der Fähre vom Festland lernte ich meine Mitbewohner kennen: die Schweizer Autorin und Theaterfrau Barbara Stengl, die österreichische Geigerin Katharina Hötzenecker, den Schweizer Theologen Georg Vischer und den bulgarischen Maler Anastas Konstantinov. Jeder von uns wollte sich mit einem Projekt beschäftigen, für das ihm der Arbeitsalltag nicht genug Zeit ließ.

 

Die Konstellation einer ‚kreativen Wohngemeinschaft’ war für mich ganz neu; aber dieses Konzept der Stiftung ist vielfach erprobt und bewährte sich auch in unserem Fall.

Tagsüber steckten wir in unseren Stübchen, Ateliers oder Winkeln des Gartens. Beim Abendessen erzählten wir einander auf Deutsch und Englisch, womit wir uns gerade abmühten, beantworteten die Fragen der KollegInnen, griffen ihre Anregungen auf, ließen uns inspirieren und bauten Verbindungen auf.

 

Für Schwimmen oder Sightseeing nahmen wir uns kaum Zeit - die geschenkten Tage waren uns zu kostbar. So habe ich von der Insel recht wenig gesehen, aber das lässt sich nachholen.

Den letzten Abend nützten wir für eine ‚Multi-Media-Show’:

Katharina spielte auf der Geige, Anastas führte uns durch die Ausstellung seiner neuen Bilder, Georg berichtete vom Fortgang seiner Analysen von Martin Luther Kings Predigten und Barbara und ich lasen aus unseren Manuskripten vor.

Gemeinsam lösten wir auch die Aufgabe, uns im Gästebuch der Stiftung zu ‚verewigen’. Beim Zurückblättern konnten wir erkennen, wie erfahrene Gäste vorsorgen: Sie bringen etwas Passendes mit und kleben es ein. Doch keiner von uns war vorbereitet gewesen und niemand hatte während unseres Aufenthaltes etwas Geeignetes produziert.

 

Wir durchstöberten unsere Hirne und unser Gepäck. Nichts! Aber Halt, wir hatten ja unseren Maler! „Anastas, bitte zeichne etwas ins Gästebuch und ich sticke es dann nach.“

Blätter aus dem Garten und Übriggebliebenes aus meinem Nähzeug fanden eine kreative Verwendung – so schön wie eine eingeklebte Kopie war das Ergebnis allemal!

Ich habe meinen Schreibaufenthalt gut genützt. Als ich von Elba abfuhr, war mein Manuskript über den NS-Anwalt Helmut Pfeiffer deutlich fortgeschritten; 2011 konnte ich mein Buch veröffentlichen.

 

Darüberhinaus habe ich neue Erfahrungen gewonnen, mich auf neue Art mit neuen Menschen auseinandergesetzt, neue Kontakte geknüpft und eine Freundschaft begründet, die bis heute anhält.

Mein Dank für diese drei Wochen geht an die großzügige Dr. Robert und Lina Thyll-Dürr-Stiftung.